Wenn man Unsicherheit auffasst als Umweltumzustände, für die keine Eintrittswahrscheinlichkeiten bekannt sind, dann leben wir zurzeit in sehr unsicheren Zeiten. Lottospielen ist dagegen einfach, denn die Eintrittswahrscheinlichkeiten sind mit etwa 1:14 Millionen sehr stabil. Dennoch ist es ratsam, sich nicht mit Sicherheit darauf einzulassen, zu spielen um zu gewinnen und erst recht nicht, wenn man Geld braucht.
Die Rechnung ist im Grunde genommen recht überschaubar. Eine Eintrittswahrscheinlichkeit ist umso größer, je mehr Variablen in einem Umweltzustand bekannt sind, und wenn man ihre Beziehungen untereinander identifiziert, kommt man der Wahrheit bzw. der einer Theorie ein Stück näher – vielleicht. Denn alles Wissen ist Vermutungswissen wie der Philosoph Karl Raimund Popper schon andeutete. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass – vereinfacht gesagt – eine Pandemie, ein Angriffskrieg aus antiquierten geopolitischen Motiven und die klimatischen Umweltzustände im oben genannten Sinne schon für sich genommen Gründe für Unsicherheit sind und besonders dann, wenn sie zeitgleich auftreten. Zu viele unbekannte Variablen kommen zustande, die sich nur schwer in Formeln gießen lassen und noch mehr, die man gar nicht erst kennt.
Autorin und Autor haben ausgewählte Unsicherheitskontexte herausgearbeitet, und unternehmen den Versuch, wie man etwas mehr Stabilität ins eigene Leben bringen kann. Aus unserer Sicht sind auch die Kontexte Digitalisierung und Arbeit 4.0 von Relevanz, das heißt, sie tragen zur Entstehung von Unsicherheit bei, die im weiteren Sinne mit Medientechnik im Zusammenhang gesehen werden können. Weitere Kontexte sind die Pandemie, Politik, Führung und Kontrolle, Elemente der Geldpolitik, der Umgang mit Fake News und andere.
Die Digitalisierung hat fundamentalen Einfluss auf unsere Gesellschaft. Betrug die Technologieakzeptanzsrate, das ist die Zahl, die angibt, in welcher Zeit eine Technologie von 100 Millionen Personen genutzt wird, noch 75 Jahre zu Zeiten des Telefons, so betrug sie zur Zeit des Internets gerade einmal 7 Jahre. In Zeiten von Social Media & Co. ist sie noch kürzer und es ist nicht mehr abzuschätzen was gut und was schlecht davon ist, es bleibt kaum Zeit zur Analyse. Und das verunsichert die Gesellschaft – auch wenn sie daran teilnimmt. Ähnliches gilt für das Phänomen des hybriden Arbeitens, es beschleunigt die Unsicherheit – aber nicht nur anlässlich der Pandemie. Die technischen Möglichkeiten erlauben eine neue, hoch effiziente Form des Arbeitens auch über Grenzen hinweg, gleichzeitig kann mit ihnen auch ein Übermaß an Kontrolle ausgeübt werden, was die Akzeptanz bei den Mitarbeitenden beeinträchtigen könnte. Also steigt die Unsicherheit weiter.
Wenn man schon die Unsicherheit nicht in den Griff bekommt, was bleibt dann? Lösungsmöglichkeiten zu finden wie man damit umgeht. Und das beruht – ebenfalls im Popperschen Sinne – auf Humanismus, Demokratie, Aufklärung und kritischer Prüfung. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen und Lösungen dazu gibt es im Buch. Empfehlenswert zu lesen.
Lermer, E., Hudecek, M.
München 2022
broschiert, 218 S.
Reinhart Verlag
ISBN 978-3-497-03144-3
19,90 Euro